Ist allen Verantwortlichen bei den konfessionellen Trägern diese Dramatik und die Bedeutung eines christlichen Profils bewusst?
Hannes Groß: Es gibt sicher auch Verantwortungsträger, die sich darauf konzentrieren möchten, eine Einrichtung wieder auf eine schwarze Null zu bringen, und die das christliche Profil als "Gedöns" betrachten. Aber als christliche Organisation müssen wir Stellung beziehen zu gesellschaftlich relevanten Themen, die auch uns betreffen, wie zum Beispiel dem begleiteten Suizid – schon damit die Mitarbeitenden sprachfähig sind. Solche konkreten Entscheidungen hängen auch davon ab, was mich antreibt. Daher ist diese Auseinandersetzung mit dem christlichen Profil als Quelle wesentlich.
Die Initiatoren
Das Institut für Christliche Organisationskultur (ICO) begleitet Einrichtungen im Gesundheits-, Sozial- und Bildungswesen bei der Entwicklung ihres christlichen Profils. Die Beratung umfasst Organisationskultur, Wertearbeit, Spiritualität und ethische Orientierung. Ziel ist eine glaubwürdige, praxisnahe und beteiligungsorientierte Umsetzung christlicher Identität im Alltag.
Der Campus für Theologie und Spiritualität (CTS) Berlin ist ein gemeinschaftlich getragener theologischer Campus für Ordensgemeinschaften und geistliche Bewegungen. Im Mittelpunkt stehen Studienjahre, Fortbildungen und Reflexionsräume für Führungskräfte und Engagierte, die christliche Spiritualität in (post)säkularen Kontexten neu verorten wollen.
Also ist das christliche Profil eine Überlebensfrage für konfessionelle Träger? Wollten Sie das mit dem Bild des Seiltänzers ausdrücken?
Pater Ludger: Ich finde, die Menschen sollten nicht so sehr ans Überleben denken. Sie sollten ans Leben denken. Seiltanz ist eine Kunst. Man muss jeden Schritt bewusst setzen. So sehe ich auch das christliche Profil.
Welches Ziel verfolgen Sie mit dem Symposium?
Hannes Groß: Wir müssen eine Plattform schaffen und möglichst viele Träger dauerhaft zusammenbringen, damit wir voneinander lernen können und nachhaltige Strukturen aufbauen. Wir wollen nicht vorgeben, wie es geht, sondern zeigen: Es geht! Unser Ziel ist es, einen Ort für Inspiration, Austausch und Vernetzung zu schaffen.
Pater Ludger: Ich glaube, wir sind an einem Punkt angelangt, an dem es Inspiration braucht. Deshalb wollen wir Entscheidungsträgerinnen und -träger vernetzen und Kooperationen ermöglichen. Beispielsweise um ein Leadership-Programm zu entwickeln, in dem sich Führungskräfte damit beschäftigen können, welche Antworten der christliche Glauben auf ihre alltäglichen Fragen gibt.
Wie ist das Symposium aufgebaut? Was erwartet die Teilnehmenden?
Pater Ludger: Am Vormittag stellen wir die Grundfrage: "Wozu braucht es überhaupt ein christliches Profil?" Am Nachmittag zeigen wir in Workshops, wie das gelingen kann. Diese Workshops sind so aufgebaut, dass wir nicht einfach Best Practises vorstellen, sondern die Diskussion anregen möchten.
Sie sprechen über christliches Profil als Chance. Kann es nicht auch hinderlich sein – gerade in Zeiten kirchlicher Krisen?
Hannes Groß: Das Christentum hat es nie allen recht gemacht, angefangen bei Jesus. Entscheidend ist doch, dass wir eine Einstellung haben und auch dazu stehen – potenzielle Mitarbeitende oder Klienten können sich bewusst für oder gegen einen christlichen Träger entscheiden. Aber kein Profil zu haben, ist keine Option.
Pater Ludger: Viele Fachkräfte schätzen kirchliche Einrichtungen gerade wegen ihrer Werte. Wenn man fragt, was ist das Besondere an einer christlichen Einrichtung, würden die meisten Mitarbeitenden vermutlich sagen: Man ist anders in Beziehung zueinander.
An wen richtet sich das Symposium konkret?
Hannes Groß: An Menschen mit Verantwortung in konfessionellen Einrichtungen: Vorstände, Geschäftsführungen, Aufsichtsgremien, Personalleitungen, Chefärzt:innen. Also an alle, die Kulturen gestalten und prägen können.
Pater Ludger: Wenn Führungskräfte das Thema nicht tragen, bleiben gut gemeinte Impulse oft auf der Strecke. Christliches Profil darf kein Feigenblatt sein, sondern gehört in die DNA einer Organisation. Und damit muss es ein Kernprojekt der obersten Leitungsebene sein.