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Super*me mit dem Bild, das er zugunsten der SKM-Beratungsstelle für Obdachlose am Kölner Hauptbahnhof versteigert.

Super*me: "Kunst war mein Lebensretter"

Lesezeit | ca. 5 Minuten
16. Oktober 2025

Am 30. Oktober versteigert der Künstler Thomas Wirth alias Super*me in unserer Kölner Filiale ein Werk zugunsten des SKM Köln. Im Interview erzählt er, wie er in nur zwei Jahren zu einem der spannendsten Künstler der deutschen Neoexpressionismus-Szene aufstieg – und warum er seine Bilder mit  1-4-3 signiert.  

  • Vor seiner Karriere als Künstler arbeitete Super*me rund 30 Jahre als Creative Director und CEO in der Modewelt.
  • Zu seinen bekanntesten Werken gehört die Gestaltung der monumentalen "Global Gate"-Installation auf der Essener Zeche Zollverein. Einen Teil davon stiftet er nun für die Kontakt- und Beratungsstelle für Obdachlose am Kölner Hauptbahnhof.  
  • Kunstinteressierte können sich bis zum 24. Oktober für die Charity-Auktion anmelden

Thomas Wirth weiß, wie es ist, alles zu verlieren – und wieder aufzustehen. Nach einem Burn-out fand er in der Kunst einen neuen Lebenssinn und gab sich einen Künstlernamen: Super*me.

Wir treffen ihn in der Kfz-Werkstatt eines Bekannten in Willich nordwestlich von Düsseldorf. Hier hat der Künstler übergangsweise Quartier bezogen, bis sein neues Atelier im Düsseldorfer Medienhafen bezugsfertig ist. Zwischen wertvollen Oldtimern hat er mehrere Bilder, sein Werkzeug und viele Flaschen mit Farbe auf dem Boden verteilt. Weil eines der Werke dringend fertig werden muss, hat er mal wieder nur zwei Stunden geschlafen. Trotzdem nimmt er sich bereitwillig Zeit für das Interview.

Herr Wirth, warum haben Sie mit dem Malen begonnen? Und was hat Ihnen die Kunst gegeben, nachdem Sie die Modewelt verlassen haben?

Super*me: Ich sammle schon seit Jahrzehnten Kunst – so leidenschaftlich, dass mir meine Frau irgendwann "Galerieverbot" erteilt hat (lacht). Zur eigenen Kunst bin ich erst durch einen Burn-out gekommen. Mein Arzt hat damals gesagt: "Mach‘ etwas, das dich beruhigt." Also habe ich angefangen zu malen – das war vor etwa drei Jahren. Im März 2023 hatte ich meine erste Ausstellung. Aber ich hatte nie die Absicht, damit Geld zu verdienen. Das hätte ich mir gar nicht zugetraut.

Haben Sie denn schon früher gerne gemalt? Etwa als Jugendlicher?

Super*me: Gemalt habe ich nie. Aber in meinem Beruf in der Modeindustrie war ich natürlich auch kreativ tätig. Ich habe Kollektionen mitentwickelt, war viele Jahre Kreativdirektor und zuletzt sieben Jahre lang CEO einer internationalen Marke.

Super*me alias Thomas Wirth mit dem Werk, das er zugunsten des SKM Köln versteigern wird.

Thomas Wirth alias Super*me mit dem Werk, das er zugunsten der SKM-Beratungsstelle für Obdachlose versteigert.

Die Kunst war also im doppelten Sinn ein Neubeginn.

Super*me: Ja, absolut. Ich kann sagen: Sie war mein Lebensretter. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn ich nicht zur Kunst gefunden hätte. Früher habe ich immer gesagt: "Burn-out gibt es nicht." Bis ich es selbst erlebt habe. Heute möchte ich Betroffenen und jungen Menschen mitgeben: Alles ist möglich. Man kann aus allem wieder herauskommen. Ich bin das beste Beispiel: Keiner hat auch nur einen Cent darauf gesetzt, dass ich mit der Kunst erfolgreich werde – heute verkaufe ich Bilder für 100.000 Euro.

"Keiner hat auch nur einen Cent darauf gesetzt, dass ich mit der Kunst erfolgreich werde – heute verkaufe ich Bilder für 100.000 Euro."

Super*me (Thomas Wirth)

Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben? Was sind Ihre Einflüsse – und was möchten Sie beim Betrachter auslösen?

Super*me: Meine Bilder sind sehr persönlich. Ich arbeite oft mit Texten, die mich und mein Leben widerspiegeln. "Wort geben, Wort halten" steht häufig auf meinen Arbeiten – das ist mir privat wie beruflich wichtig. Meine Inspiration ist mein Lebensweg, mit allen Höhen und Tiefen. 

Ich male im neoexpressionistischen Stil und orientiere mich an Jean-Michel Basquiat. Ich bin ein großer Fan seiner Kunst. Auch Andy Warhol hat mich beeinflusst. Man könnte sagen, ich mache Neoexpressionismus gepaart mit Pop-Art.

Gibt es eine Botschaft in Ihren Bildern?

Super*me: Ja, natürlich. Eine lautet: "Don’t let idiots ruin your day!" (lacht). Im Ernst: Meine Arbeiten sollen inspirieren, motivieren – und manchmal auch zum Schmunzeln bringen. Neben Basquiat und Warhol wurde ich wurde stark von Jörg Immendorff geprägt. Ich habe zu Hause eine große Arbeit von ihm aus der Serie "Café de Flore". Vor der sitze ich oft, weil ich immer wieder Neues entdecke. Genau das wünsche ich mir auch für meine Kunst. Ich arbeite mit vielen Kleinstdetails – und die sieht man nicht auf Anhieb. Wichtig ist: Ich gebe kein Werk heraus, von dem ich nicht zu tausend Prozent überzeugt bin. Erst muss es mir gefallen – dann dem Käufer.

Super*me malt auf dem Boden einer Kfz-Werkstatt zwischen alten Porsche 911 und anderen Oldtimern.

Super*me malt auf dem Boden einer Kfz-Werkstatt zwischen alten Porsche 911 und anderen Oldtimern.

Wie kam es zu Ihrem Engagement für den SKM Köln?

Super*me: Der Kontakt kam über Oliver Horitzky zustande, mit dem ich eng zusammenarbeite. Wir haben uns vor etwa einem Jahr über eine Spendenaktion für die "Kölsche Fründe" kennengelernt. Er hat mich auf das Projekt der Pax-Bank für Kirche und Caritas angesprochen, und ich habe sofort zugesagt. Ich finde es wichtig, gerade für Menschen etwas zu tun, die in Vergessenheit geraten – wie viele, die rund um die Bahnhofsmission leben.

Haben Sie auch einen persönlichen Bezug zum Thema Wohnungslosigkeit?

Super*me: Ja, auf jeden Fall. Während meines Burn-outs hatte ich Existenzängste. Ich war selbstständig, konnte kein Arbeitslosengeld beziehen und hatte mein Erspartes in Patente investiert. Irgendwann war das Konto leer – und die Banken sagten: "Da geht nichts mehr." Da malt man sich natürlich die bösesten Szenarien aus.

Aber mein Beispiel zeigt, dass man wieder neu anfangen kann. Ich habe nach 30 Jahren in der Modebranche aus eigenen Stücken aufgehört und alles auf eine Karte gesetzt. Meine Frau sagt oft: "Muss das immer sein?" (lacht). Aber sie unterstützt mich in allem. Sie ist mein Rückhalt – und deshalb signiere ich meine Werke mit "1-4-3". Das haben wir unter die Liebesbriefe geschrieben, die wir uns geschickt haben, als wir uns vor 23 Jahren kennenlernten. Es steht für "I love you" – die Anzahl der Buchstaben. Deshalb ist jedes meiner Bilder eine Danksagung an meine Frau, die immer an mich geglaubt hat.

Immer?

Super*me: Ja. Wobei: Einmal hat sie nicht so richtig an mich geglaubt (lacht). Am Anfang habe ich Streetart gemacht. Obwohl das sehr erfolgreich war, habe ich irgendwann gesagt: "Ich mache jetzt Neoexpressionismus". Mein erstes Bild war "Die grüne Hexe" von Andy Warhol aus "Der Zauberer von Oz". Das wollte ich immer haben, konnte es mir aber nicht leisten. Deshalb habe ich es selbst gemalt.

Meine Frau und meine Töchter waren entsetzt, dass ich meinen Stil umstellen wollte. Schließlich lief es bis dahin gut. Aber ich habe es trotzdem gemacht. Und ich habe beschlossen: Ab sofort kosten meine Bilder nicht mehr 5.000 Euro oder 7.000 Euro, sondern 25.000 Euro. Einen Monat später hatte ich zehn Bilder an eine große Firma verkauft.

Aber man muss wissen: Kunst ist körperlich und mental sehr anstrengend – ich arbeite oft 16 Stunden am Stück. Es ist kein einfacher Beruf. Andy Warhol hat gesagt: "Die Kunst der Kunst ist, Kunst zu verkaufen."

Was können Sie uns über das Werk verraten, das Sie für den SKM stiften?

Super*me: Das Werk hat eine klare Botschaft – und auch einen besonderen Ursprung. Es stammt aus meiner Ausstellung Global Gate, die fünf Monate auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein in Essen stand. Die UNESCO hatte mir zwei Themen vorgegeben: Künstliche Intelligenz und Demokratie.

Das Werk ist ein Originalteil dieser Installation – Öl und Acryl auf Leinwand, übertragen auf eine Lkw-Plane. Die Botschaft lautet: Freedom of Speech – Meinungsfreiheit. Das ist für mich ein zentraler Wert, der oft in Vergessenheit gerät. Die leuchtenden Farben stehen für Freude und Offenheit. Ich finde, jeder sollte seine Meinung frei äußern dürfen und seinen Glauben leben, ohne dass daraus Konflikte entstehen.

Ein lebendes Kunstwerk: Der Körper von Super*me ist übersät mit Tätowierungen, darunter das Wort "Pray" auf den Daumen.

Lebendes Kunstwerk: Der Körper von Super*me ist übersät mit Tätowierungen, darunter das Wort "Pray" auf den Daumen.

Der Künstler 

"Thomas Wirth, 54 Jahre jung, verheiratet, zwei Töchter, vier Hunde, eine Katze": So stellt sich der Künstler aus Essen im Interview vor. Seine großformatigen Werke im neoexpressionistischen Stil sind geprägt von Einflüssen und Erlebnissen aus der Streetwear-Culture und Streetart der 80er Jahre sowie den Videospielen seiner Jugend und erzielen inzwischen Preise zwischen 25.000 und 95.000 Euro.

Auch international sorgt Wirth für Aufmerksamkeit, zuletzt mit Ausstellungen in Miami, Hongkong, Singapur, Dubai, Kuala Lumpur, Mallorca und als künstlerischer Gestalter des monumentalen „Global Gate", das von Oktober 2024 bis Ende März 2025 auf dem Gelände des UNESCO Welterbe Zollverein in Essen zu sehen war. Das über 21 Meter hohe, 24 Meter breite und 6 Meter tiefe Kunstwerk aus 37 See-Containern gilt als größtes mobiles Kunstwerk der Welt.

Weitere Informationen:

https://superme.world/ Instagram: superme.world

 

Die Auktion 

Die Charity-Auktion zugunsten des SKM Köln findet statt
am Donnerstag, 30. Oktober, ab 17:30 Uhr
im Lichthof der Pax-Bank für Kirche und Caritas, Christophstraße 35, 50670 Köln.

Der komplette Erlös geht an die Kontakt- und Beratungsstelle am Kölner Hauptbahnhof, die Menschen in akuten Krisensituationen begleitet.

Anmeldung bis zum 24. Oktober unter: 
www.pax-bkc.de/vernissage

Ab dem 8. Oktober, jeweils mittwochs von 12:30 bis 14 :00 Uhr, ist das Werk im Lichthof der Pax-Bank für Kirche und Caritas zu besichtigen.

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