Als die ersten jungen Ordensschwestern zur Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) aus Indien nach Deutschland kamen, war der Kulturschock groß. Vermittelt wurde die Einreise damals durch die deutschen Bischöfe und die Generaloberin der Vereinigungen der Ordensoberinnen Deutschlands (VOD). Denn bereits zu diesem Zeitpunkt fehlte im Land der Nachwuchs.
Die indischen Schwestern wurden vor allem gebraucht, um in der Kranken- und Altenpflege zu arbeiten. Vor diesem Hintergrund gründeten einige deutsche Orden in den 1970er-Jahren auch Konvente in Indien. In der Folge kamen immer mehr indische Ordensschwestern zur Arbeit nach Deutschland. Damit unterstützten sie finanziell auch Projekte ihrer Glaubensgemeinschaften auf dem Subkontinent.
Sprung ins kalte Wasser
Zuvor im Heimatland hatten sie etwas Deutsch gelernt. Hierzulande erlebten sie in ihren Konventen den gewohnten Ordensalltag, doch außerhalb traf sie die fremde Kultur mit aller Härte. Abgesehen vom ungewohnten kalten Wetter, war die Verständigung in der neuen Sprache schwierig, der deutsche Alltag im Vergleich hektisch. Viele Deutsche reagierten oft reserviert und unfreundlich oder sogar ablehnend auf die Inderinnen in Ordenstracht. Arbeitskräfte aus dem Ausland waren zu dieser Zeit in der damals jungen Bundesrepublik etwas Neues. Doch der Bedarf stieg auch in anderen Branchen, sodass sich die Zahl der ausländischen Arbeitskräfte insgesamt von 73.000 im Jahr 1954 bis zur Mitte der 1960er-Jahre auf 1,2 Millionen erhöhte.
Richtig schwierig wurde es für die indischen Schwestern bei der Arbeit im Krankenhaus oder im Altenheim. Der Berufsalltag dort war damals schon geprägt von Personalknappheit, ausgeschöpften Budgets und viel Bürokratie – die Mitmenschlichkeit im Umgang mit den Patientinnen und Patienten blieb oft auf der Strecke. Lange Arbeitsschichten ließen den Schwestern kaum Gelegenheit für ein geregeltes Ordensleben. "All das sind Herausforderungen, denen die Ordensleute aus dem Ausland teilweise auch heute noch begegnen. Aber insgesamt hat sich Deutschland an die ausländischen Ordensmitglieder gewöhnt und weiß ihren Einsatz sehr zu schätzen. Und auch die Ordensleute haben es heute leichter, in ihrer neuen Heimat anzukommen", sagt Sascha Kresin, Geschäftsführer der Vereinigung katholischer Orden (VKO) zur Förderung der internationalen Solidarität e. V.
Unterstützung im Dickicht der Bürokratie
Die VKO ist der Dachverband ausländischer Orden in Deutschland und steht ihnen bei allen Belangen zur Seite, vor allem bei ausländer-, steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen. Der gemeinnützige Verein mit Sitz in Neuwied ist aus dem Bildungswerk katholischer Orden e. V. (BKO) hervorgegangen. Dessen Vorgesetzte hatte schon früh erkannt, dass ausländische Ordensangehörige, die in Deutschland arbeiten, im Dickicht der Bürokratie Unterstützung brauchen. 1998 entstand die heutige VKO, die für die ausländischen Ordensleute in Deutschland als Rechtsträger fungierte. Ursprünglich wurden die einzelnen Ordensangehörigen als natürliche Personen Vereinsmitglieder und erlangten dadurch Steuerfreiheit für ihre Tätigkeit. So konnte alles, was sie erwirtschafteten, für gute Zwecke verwendet werden.
Dieses rechtliche Konstrukt änderte sich in den 2000er-Jahren: Waren bisher Einzelpersonen Mitglieder der VKO, organisierten sich deren Glaubensgemeinschaften nun selbst in Form von rechtsfähigen Vereinen, die als juristische Personen dem VKO als Dachverband beitraten. Die VKO wurde so zur offiziellen Ansprechpartnerin der Ausländerbehörden und garantierte die Einhaltung eines gewissen Kontingents ausländischer Ordensangehöriger.
Hilfe beim Kassensturz
Heute wickelt die VKO vor allem die Buchhaltung für die Ordensgemeinschaften ab und erstellt einen Jahresabschluss. Kresin: "Dadurch stellen wir sicher, dass die Gemeinnützigkeit der Vereine erhalten bleibt." Der Geschäftsführer zählt weitere ganz alltägliche Themen auf, die ihn und seine 5 Kolleginnen und Kollegen beschäftigen können: "Wir unterstützen die Mitglieder auch beim Kauf eines Autos, bei Versicherungsfragen oder bei der Einreise im Rahmen eines sogenannten Befürwortungsverfahrens."
Viele Themen seien einfach nicht bekannt und aufgrund der Sprachbarriere auch schwierig zu verstehen. Wie schwierig es mit der deutschen Sprache und Bürokratie manchmal sein kann, zeigt das Unverständnis einer Ordensschwester für das Formular "Kassensturz" im Rahmen einer Halbjahresrechnung, bei der die ausländischen Ordensmitglieder dem Finanzamt ihre Ein- und Ausgaben nachweisen müssen: Ihr sei die Kasse doch gar nicht heruntergefallen, warum sie denn jetzt das Geld zählen müsse? Ein Anruf bei der VKO genügte, um hier Klarheit zu schaffen.