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Eine Familie, die zusammen auf der Terasse sitzen.

ESG: Schöner wohnen – nachhaltig und sozial

Klimaschutz, Gesundheit, bezahlbare Mieten: Lassen sich ökologische und soziale Kriterien in der Wohnungswirtschaft überhaupt unter ein Dach bringen? Und falls ja: wie? Das hängt unter anderem davon ab, wie man diese Kriterien definiert.

  • Viele Maßnahmen zur Reduzierung des Energiebedarfs und Ressourcenverbrauchs tragen gleichzeitig zum Wohlergehen bei.
  • Sozialverträgliche Mieten sind kein eigenständiges Kriterium in der geplanten Sozialen Taxonomie der EU.
  • Die staatliche Förderung bestimmter Personengruppen scheint unausweichlich, damit Mieten bezahlbar bleiben.

Es scheint ein Dilemma: Einerseits ist jedem bewusst, dass in den kommenden Jahren eine Menge Geld in die Modernisierung des Gebäudebestands fließen muss, wenn dieser wie geplant bis 2045 klimaneutral sein soll. Andererseits treiben diese Investitionen die Mieten weiter in die Höhe, auch wenn ihnen Einsparungen beim Energieverbrauch gegenüberstehen. Lassen sich ökologisches und soziales Wohnen vereinbaren?

 

Alles eine Frage der Definition

Die Antwort auf diese Frage hängt auch davon ab, was als ökologisch und sozial gilt. Die Europäische Union hat in den technischen Richtlinien zu ihren Taxonomie-Verordnungen genau definiert, was sie unter E, also ökologisch, und S wie sozial versteht. So zählt sie zu den Kriterien der so genannten "green taxonomy" unter anderem einen reduzierten Energiebedarf und Ressourcenverbrauch, aber auch die Reduktion von Lärm-, Staub- und Schadstoffemissionen. Der Social Taxonomy werden Kriterien wie menschenwürdige Arbeit, Nicht-Diskriminierung sowie Lebensstandards und Inklusion zugeordnet.

"Legt man diese enge Auslegung zugrunde, dann zeigen sich der Immobilienbranche zahlreiche Möglichkeiten, E und S zu verknüpfen", sagt Dr. Michael Hellwig, zuständig für Marktbeobachtung beim Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA), dem Spitzenverband der Immobilienwirtschaft. Beispielsweise reduzierten Gebäudeautomatisierung und -steuerung den Energiebedarf sowie den Ressourcenverbrauch. Gleichzeitig trügen die Regulierung der Luftqualität, Beleuchtung und Verschattung zum Wohlergehen bei. Auch die Quartiersentwicklung steigere durch attraktivitätssteigernde Maßnahmen wie dem Biodiversitätsmanagement, worunter die Begrünung und Verschattung der Außenanlagen fallen, die Lebensqualität. "Und durch die Verwendung schadstofffreier Baumaterialien werden Menschen- und Arbeiterrechte in der Wertschöpfungskette geachtet und die Gesundheit der Nutzer geschützt", so Hellwig.

„Das Potenzial von Quersubventionen bei den Mieten ist begrent, sodass eine staatliche Förderung bestimmter Personengruppen in Zukunft unausweichlich scheint.”

Dr.Michael Hellwig

Referent für Marktbeobachtung beim Zentralen Immobilienausschuss

 

Wer soll das bezahlen?

Sozialverträgliche Mieten sind dagegen kein Taxonomie-Kriterium – zumindest bislang nicht. Das S-Kriterium umfasst stattdessen den Zugang zu qualitativ hochwertigen, das heißt auch klimaneutralen Wohnungen. Dieser könnte einkommensschwachen Haushalten mit steigenden Mieten allerdings zunehmend verwehrt werden. "Um den Anstieg der Kaufpreise und Mieten zu mäßigen, sollten deshalb weiterhin kostendämpfende Maßnahmen wie serielles Bauen sowie Skaleneffekte beim Einkauf genutzt werden", empfiehlt Hellwig.

Sollten sozialverträgliche Mieten irgendwann soziales Kriterium werden, dann müssten verstärkt Quersubventionen genutzt werden, etwa zwischen unterschiedlich einkommensstarken Mieterinnen und Mietern. "Aber dieses Potenzial ist begrenzt, sodass hier eine staatliche Förderung bestimmter Personengruppen in Zukunft unausweichlich scheint", glaubt Hellwig.

Durch die aktuell hohen Energiekosten zahlen sich Investitionen wie beispielsweise in die energieverbrauchsenkende Gebäudeautomatisierung und -steuerung sowie in energieeffizienter Energie- und Gebäudetechnik eher aus, so dass dadurch auch ihre Akzeptanz steigen kann, auch wenn die gestiegenen Energiepreise bei den Mieterinnen und Mietern auf der Nebenkostenabrechnung noch gar nicht sichtbar sind. Haupthindernis für die energetische Modernisierung dürfte aktuell aber ohnehin weniger die mangelnde Akzeptanz sein als der Fachkräftemangel und die Material-Lieferengpässe.